Seitdem Chat GPT mit seinem Programm GPT für Furore im gesellschaftlichen Leben des Planeten Erde sorgte ist KI (Künstliche Intelligenz) in aller Munde. Und scheinbar auch zurecht, denn seit diesem Jahr sprießen im gesamten World Wide Web mehr oder weniger seriöse AI-Tools und -Apps geradezu aus dem Boden. Bildbearbeitung und -Erstellung mit AI? Kein Problem! Deep-Fakes und Videos, oder Tonmanipulation mittels sogenannter künstlicher Intelligenz ist auch kein Problem mehr. Doch fast hinter jedem dieser Dienste versteckt sich ein tolles und oftmals überraschendes Abo-Modell, welches den Nutzer dazu nötigt für all die cooles Features eine Menge Geld auszugeben. Ziemlich raffinierter Plan um die Weltherrschaft an sich zu reißen nicht wahr?
Denn wenn man manchen Zeitgenossen glauben schenken mag, auch einigen von meinen Autoren-Kollegen, dann stehen wir nun am Anfang vom Ende der Welt. Doch wieso ist das so? Wieso glauben so viele Menschen, dass nun die Herrschaft der Maschinen begonnen hat und malen Endzeitprognosen wo es gar keine geben sollte? Die Antwort auf die Frage ist simpel. Viele die sich mit der Masse an Menschen durch das Zeitgeschehen treiben lassen und vom Computer so viel wissen, dass man darauf Emails beantworten und Spiele spielen kann, für die wirkt annähernd jedes Computer-Programm, welches selbstständig Operationen ausführt wie eine Art Zauberei. Wieso diese Leute jedoch ei Chat GPT vor Ehrfurcht erzittern, gleichzeitig einer Finanzverwaltungssoftware, die per CronJobs selbstständig Datenbankeinträge im Hintergrund aktualisiert nicht auch zutrauen die Welt zu erobern, liegt in der Vermarktung dieser neumodischen Programme und Algorithmen. Denn diese werden mit nichts weniger als den Worten „Künstliche Intelligenz“ beschrieben, was sie natürlich auf keinen Fall sind. Denn der Normalbürger denkt beim Thema KI ganz gern an Asimov und Co. und sieht die intelligenten Roboter von SkyNet aus der Zukunft kommen. Dennoch sind diese ganzen KI-Module nicht mehr als einfache Machine Learning Systeme, was selbstverständlich auch absolut faszinierend ist, dennoch mit einer künstlichen Intelligenz nichts zu tun hat. Zumindest nicht so wie künstliche Intelligenz eigentlich beschrieben ist. Denn Machine Learning, also maschinelles Lernen, ist ein Teilbereich der KI und Grundlage für jeden weiteren Schritt und beschreibt das Erkennen und Abgleichen von Mustern mit Datenbankbeständen um Lösungen als Antwort darauf zu generieren. Es ist also nicht so, dass die vorhandenen System eine Art tatsächlicher geistiger Entität besitzen, welches es ihnen erlaubt auf unsere Fragen in einem Chat-Programm zu reagieren. Vielmehr bildet ein jeder String, welchen wir als Zeichenkette der Maschine übergeben, ein Parameter einer programmierten Funktionen, welche dieses analysiert und aus der Datenbank eine passende Antwort generiert.
Doch was ist Künstliche Intelligenz denn nun im eigentlichen Sinne? Dafür bemühen wir das typische 4-Stufen-Modell der KI-Entwicklung, welches im Bereich der Informatik etabliert wurde:
4 Stufen der KI
Stufe | Bezeichnung | Beschreibung |
---|---|---|
1 | Künstliche Intelligenz mit Reaktiven Maschinen (reaktive machine) | Ein System ohne Wahrnehmung von Zeit und Raum, spezialisiert auf eine Aufgabe, basierend auf den aktuellen Umständen. |
2 | Begrenzte Speicherkapazität (lim. memory) | Kann nicht nur aktuelle Situation in Wahrnehmung einfließen lassen, sondern auch vergangene Situationen vergleichen. Verbinden Gelerntes mit aktuellem Problem um eine Lösung zu ermitteln. |
3 | Theorie des Geistes oder Geisteshaltung (theory of mind) | Können menschliche Emotionen wahrnehmen und verstehen und passen ihr Verhalten daran an. Besitzen Vorstellung von Raum, Zeit und Weltgeschehen und nutzen gelernte und gespeicherte Daten um ihre Problemlösungsansätze an diesen zu verbessern. |
4 | Selbstwahrnehmung (self awareness) | Computerdenken auf der Ebene des menschlichen Bewusstseins inklusive einer vollständigen Wahrnehmung der Welt, der menschlichen Emotionen, der Absichten und Reaktionen. Wechsel von „ICH DENKE…“ zu „ICH WEIß DASS ICH DENKE…“ |
Die Stufe 3 und 4 der KI-Entwicklung haben wir noch nicht erreicht und sie stellen bislang ein zu hohes Problem für die Entwicklung dar. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die KI-Forschung seit 1955 versucht die KI weiter zu entwickeln ist es mehr als erstaunlich was bereits erreicht wurde. Jedoch kein Grund zur Beunruhigung, auch wenn die Hersteller dieser Techniken gern einen Appell nach dem Anderen fahren um eine kostenlose, von den sensationsgeilen Medien hoffierte, Werbekampagne abzugreifen.
Die Stufe 1 der KI wurde mit dem Schachcomputer Deep Blue von IBM erreicht. Jedoch konnte dieser kein ganzes Match voraussehen und musste zur Ausführzeit immer wieder mit neuen Daten anderer Schachmeister gefüttert werden. Und dennoch: 1997 gewann Deep Blue gegen Kasparow einen ganzen Wettkampf aus sechs Partien unter Turnierbedingungen. Warum Computer niemals, auch nicht in Zukunft eine einzige ganze Schachpartie vorhersagen können (inklusive aller möglichen Züge) zeigt dieses coole Video von 100 Sekunden Physik auf YouTube. Stufe 2 dagegen ist unsere heutige Stufe. Autos die autonom fahren, Gefahrenstellen erkennen sollen, Chat GPT, der uns SQL-Datenbank und Programm-Code ausspuckt usw. Sie alle arbeiten mit erlernten Daten früherer Probleme und versuchen ihre Lösungsstrategien sich diesen anzupassen.
Wieso uns also kein Untergang droht
Dafür müssen wir uns ansehen, wie die KI-Systeme von heute arbeiten. Wie wir in einem Artikel von Fierce Electronics erfahren (hier) benutzt Chat GPT ein Cluster aus mehr als 10.000 NVidea Trainings-GPUs und im Handelsblatt erfahren wir (hier) dass das GPT mit mehr als 175 Milliarden Parametern trainiert und mit mehr als 800 Gigabyte Speicher läuft. Wir stellen uns also das Server-Cluster vor, welches im Stande sein muss dieses eine KI-Programm zum Laufen zu bringen. Wir reden hier von einer ganzen Server-Farm, welche astronomische Energiemengen für Bereitstellung, Kühlung, Ausfallsicherheit und Netzanbindung verbrauchen dürfte. Ein derartiges System ist auf diese Größe fast schon erschreckend instabil. Sollte es also dazu kommen, vor dem die Schwarzmaler warnen und die KI würde die dunkle Seite der Macht betreten, dann dürfte unsere beste Verteidigung wohl sein den „Netzstecker“ der Serverfarm zu ziehen. In der Praxis dürfte es auch schon reichen das falsche Fenster zu lange auszulassen, damit die Rechner durch die Überhitzung verrücktspielen dürften.
Doch selbst wenn es uns nicht gelingen würde, was dann? Nun ja, dann sollten wir uns fragen in weit uns eine auf einem Server gefangene KI schon bedrohlich werden könnte. Zugegeben mit dem richtigen Zugriff auf wichtige Daten könnten die KI Schwankungen im Stromnetz auslösen, Server mit wichtigen medizinischen, oder industriellen Daten brutzeln, oder das Verkehrssystem verrücktspielen lassen (So auch in meiner Kurzgeschichtenreihe DARK AI). Dennoch fehlt die physische Bedrohung. Diese könnte zum Beispiel nur durch Fußsoldaten aufkommen. Doch wie müssten sie aussehen, die intelligenten Roboter? Nun ja, da sie schlecht ein ganzen Industriepark für die Serverinfrastruktur durch die Gegend schleppen können und es ihnen auch wenig nützten würde als unabhängige Einzelsysteme zu existieren, da so eine koordinierte Strategie unmöglich wäre, bräuchten die Roboter einen WLAN Sensor und zu jedem Zeitpunkt eine ausreichend gute Verbindung zum Hauptserver auf dem das Programm läuft und von dem die Robos koordiniert werden. Doch jeder von uns kennt sicher die berüchtigten Funklöcher. Man möchte sich gerade den neuesten Teil von DARK AI downloaden und ärgerlicher weiße ziegt die Verbindung nur ein „E“ an. Für uns kein Problem, dann warten wir eben mit dem Lesen. Für die Robos hingegen ein Todesurteil. Einmal in einem Funkloch gefangen können sie nie wieder heraus.
Was uns zum nächsten Punkt bringt: Der Energieversorgung. Wir alle kennen den wohl größten Nachteil der neumodischen, mit einer Lithium-Ionen-Batterie betriebenen, Elektro-Autos gegenüber herkömmlichen Verbrennern. Kurze Reichweite und lange Ladezeiten. Zudem werden die Batterien in Autos und Bussen immer größer um die gewünschte Reichweite zu erreichen, was sie anfällig für spontane Selbstentzündungen macht (Hier in einem Tagesschau-Artikel thematisiert). Zudem wäre es natürlich unsinnig für unseren Kampfroboter, wenn dieser maximal einen Tag lang (sehr hoch geschätzt) laufen, sprechen, kämpfen und sich mit seinem Server verbinden könnte, bevor er wieder stundenlang aufgeladen werden müsste. Die riesigen Ladeparks der Robo-Armee wären zudem ein gern genutztes Ziel unserer menschlichen Streitkräfte.
Es ist also so, auch wenn Stufe 3 und 4 der KI-Entwicklung abgeschlossen wären, so wäre es eine harte Herausforderung für die KI eine Kampfmaschine uns entgegen zu setzen, welche eine hohe Reichweite, eine ausreichend gute Serververbindung und die nötigen motorischen Fähigkeiten mitbringt um uns tatsächlich gefährlich zu werden.
Warum wir im Vorteil sind
Denkt man an einen solchen Roboter fällt uns unvermittelt auf, dass die Natur es schon längst geschafft hat einen solchen perfekten (Bio-)Roboter zu schaffen: den Menschen. Der Mensch, der nicht abhängig von einer Stromquelle ist, welche durch industrielle Aufbereitung zur Verfügung gestellt werden muss und zudem auch keiner Netzanbindung bedarf um zu funktionieren. Zudem können wir Menschen in Notsituationen bis zu 7 Tage ohne externe Energiezufuhr überlegen (was Geschichten von Überlebenden schrecklicher Unglücke beweisen). Ein Robo mit 7 Tagen ohne Steckdose wäre nichts mehr als ein Haufen Blech. Was brauchen wir dagegen? Wasser und Nahrung und beides ist, im Falle der Fälle auch kostenlos, verfügbar. Survival-Experten zeigen wie das gehen kann, wenn man in der Wildnis, fernab jeder Zivilisation ausgesetzt wurde.
Wo wir auch gerade die Netzwerkverbindung angesprochen haben: Wir Menschen brauchen nicht nur die kollektive Intelligenz nicht, sondern haben auch unseren eigenen top schnellen Server inklusive Datenbanken mit Erinnerungen und Erfahrungen immer mit an Board. Die Gabe neue Funktionen zu lernen benötigt nicht mehr als Interesse und bedarf keine tausenden Zeilen Quell-Code. Auch ist dieser Computer hinter unserer Stirnplatte leistungsstärker als jeder Computer und mit einem hochauflösendem und zuverlässigen audiovisuellen System verbunden, welches seines Gleichen in der Natur und Technik sucht.
Und was die motorischen Fähigkeiten angeht? Springen, Sprinten, mit durchschnittlich 250 Kilogramm zuschlagen und gleichzeitig soviel Feingefühl in den Fingern haben um eine einzelne Feder zu halten. Alles Dinge von denen Roboter nur träumen können. Auch ist die Fähigkeit nach einem Sturz uns wieder aufzurichten längst nicht so umständlich wie für einen Roboter, der zu aller erst erst einmal begreifen muss, dass er gestürzt ist und sich anschließend erst eine passende Lösungsstrategie für dieses Debakel überlegen kann. Zu guter Letzt sei noch festgehalten, dass wir auch beim Thema Reproduktion und Training dieser Replikate die Nase vorn haben. Wir müssen weder externe Ressourcen sammeln um unser Selbst zu reproduzieren, noch sind wir auf die Verfügbarkeit seltener Erden für Mikrochips und Co angewiesen. Zum anderen macht es uns Menschen sicherlich auch mehr Spaß, als den Robotern, doch das nur am Rande.
Abschließend können wir also festhalten, dass es doch ziemlich unwahrscheinlich sein dürfte, dass die KI-Forschung uns also überflüssig macht. Denn eine Maschine ohne Eingabe bleibt dumm und im direkten Vergleich haben wir die Nase weit vorn. Doch wieso denken manche Menschen überhaupt an die Übermächtigkeit dieser Systeme? Die Antwort ist, dass diese (für uns) schwere, systematische Abläufe schneller und ebenso zuverlässig lösen wie wir selbst. Programmieren, Datensuche in Datenbanken, Rechnungen und so weiter uns so fort. Wir stehen davor und denken uns: „Wenn eine Maschine eine so komplexe Aufgabe so schnell und gut lösen kann, dann kann sie sicherlich alles“. Doch dem ist nicht so. Denn den Maschinen fällt eben genau das schwer, was uns leicht fällt. Zum Beispiel kreative Problemfindung und Lösungsstrategien. Eine KI kann vielleicht per Anweisung ein Bild zusammenstellen und bearbeiten, hat aber keine Ansätze ein Bild zu entwickeln, einen neuen Stil zu etablieren, oder nach Verbesserungen und Neuerungen zu suchen. Sie kann vielleicht einen Text nach einem Muster schreiben, aber weder ein neues Genre der Literatur, noch eine Kunstrichtung kreieren. Alles Dinge die wir Menschen mehr nebenbei machen. Nicht um sonst sprechen wir bei Künstlern aller Couleur davon, dass die Muse ihnen die Inputs verschafft. Es ist für uns ein so alltäglicher und trivialer Prozess kreativ zu sein und zu denken, dass wir denken, dass nicht viel dahintersteckt. Doch die Maschinen und Systeme scheitern an diesen Dingen. Ebenso wie die davon ausgelösten Emotionen zu deuten und/oder zu reproduzieren. Und genau aus diesem Grund sollten wir keine Furcht vor der KI, sondern mehr Ehrfurcht vor der Schaffenskraft des Menschen haben.